V1 Rampen bei Siegburg


Einleitung


Im nordöstlichen Siegburger Raum finden sich Spuren von einem Kriegsgerät namens V1, das von der nazistischen Propaganda als eine „Wunderwaffe“ bezeichnet wurde. Die beiden Autoren Wolfgang Gückelhorn und Detlev Paul legen in ihrem Buch „Eifelschreck“ (2004, Helios Verlag) dar, was es mit der in ihrer militärischen Wirkung völlig überschätzten Waffe tatsächlich auf sich hatte und wie das Ausschlachten von angeblicher technischer Überlegenheit die Mär vom „Endsieg“ in der Bevölkerung nährte. In der Endphase des 2. Weltkrieges waren dann auch tatsächlich die meisten Opfer in den militärischen Verbänden, der Zivilbevölkerung und bei den vielen internierten Menschen auf dem westlichen Reichsgebiet zu beklagen. Und nur hier kam die besagte Waffe zum Einsatz.


Peter Wapnewski („Mit dem anderen Auge“, Band 1, 2005. Berlin Verlag p.119 ff) zitiert einen in der gleichgeschalteten Presse abgedruckten Artikel vom 29.08.1944 von Joachim Fernau - ein Autor, der vielen aus der Nachkriegszeit aus seinen flachen Geschichtsdarstellungen bekannt sein dürfte. Der im Kriegsartikel enthaltene Satz Fernaus „Der Sieg ist wirklich ganz nahe“ kommentiert Wapnewski (ibid p. 122f): „- wer das diesem Volk versprach, ist entweder ein Schwachkopf von unvorstellbarem Format – oder aber ein infernalischer Lügner“.


Das, was sich dann in dem von Fernau 1952 veröffentlichten „Deutschland, Deutschland über alles“ liest, führt das Propagandamärchen auf eine ganz andere Art weiter. Und zwar in einer Form, die sich wie die „Autobahnsaga“ bis heute im öffentlichen Gedächtnis und Schlagwortwissen niederschlägt. Wapnewksi zitiert die Stelle von 1952: „Hitler glaubte noch in letzter Minute, eine völlige Umstellung der Waffen und Kriegsführung herbeiführen zu können. Deutschland war im Besitz fantastischer Erindungen, die sehr wohl imstande schienen, eine vollständige Wendung zu bringen. Aber die Zeit reichte bei weitem nicht aus“. In Sachen V1 und anderen „Wunderwaffen“ ist diese Einschätzung nachweislich falsch. Die V1 war schon voll entwickelt. Die Mär von den „Wunderwaffen“ war vielmehr gegen das eigene Volk gerichtet und die Lügen hielten viele an, die Hoffnung auf ein Ende der Torturen in einem futuristisches Szenario und dem eigenen Sieg sehen zu können – die Furcht vor der Möglichkeit einer Niederlage war damit ausblendbar.


Wie falsch die Darstellung und der noch weit verbreitete Glaube an die Wunderwaffen speziell bei der V1 ist, darauf weisen Gückelhorn und Paul in ihrer umfassenden Publikation hin. Es versagten ca. 20 – 40 % (zeitlich differierend) schon kurz nach Verlassen der Rampe und stürzten aufgrund technischer Fehler ab, ihre Zielgenauigkeit war lächerlich gering und die Abschußzahlen beim Anflug durch allierte Abwehrmaßnahmen waren sehr hoch. Die Wirkung der V1 beschreiben die beiden Autoren mit einem plakativen Vergleich (ibid. p.167): „..., dass die Zerstörungswirkung der gesamten verschossenen V1 aus dem Zweiteinsatz in etwa dem entsprach, was die alliierten Bomberflotten bei einem (!) Großangriff auf eine deutsche Stadt in wenigen Minuten tatsächlich ins Ziel geworfen haben“.


Wir haben diese wichtigen Informationen aus gutem Grund den nachfolgenden vorangestellt, die ja eher nüchterner archivarischer Natur sind. Und erinnern daran, dass die Herstellung der Flugbombe V1 durch Tausende von Häftlingen unter unmenschlichen Bedingungen erfolgte.


Die V1 Stellung bei Heide


Von Siegburg auf der B56 kommend wenige hundert Meter vor dem Abzweig nach Heide am Franzhäuschen führt ein Weg mit schrankenbewehrter Einfahrt in den Wald, biegt nach links ab und nach wenigen Metern wieder nach rechts. Von dem angesprochenen Weg geht links eine Fahsrpur links etwa 30 Meter hinter der zuletzt genannten Wegbiegung ab. Dies ist von der B56 bis hierhin die alte Zufahrt zu einer V1 Stellung, deren Reste aus Betonquader und -platten sowie oberflächlich sichtbaren Bodenbefunden besteht. Es handelt sich um die Feuerstellung 118, der weitere 3 im weiteren Verlauf der B56 bis Krahwinkel auf der linken Seite folgen. Im Raum Drabenderhöhe ist eine weitere Gruppe lokalisiert. Diese Stellungen stammen aus dem Herbst 1944. Bei diesen rechtsrheinischen Anlagne handelt es sich um Rückverlegungen aus dem Eifelraum und zwar
* in das Siebengebirge
* entlang der B56 zwischen Siegburg und Much
* Drabenderhoehe
* siegaufwaerts zwischen Winterscheid und Ruppichteroth
* bei Weyerbusch


Speziell die Stellungen entlang der B 56 wurden jedoch nie in Betrieb genommen, da die Straße Siegburg-Much beim Schießen hätte gesperrt werden müssen (Gückelhorn und Paul. ibid p.115). Die Batterie wurde am 7.11.1944 in die Eifel verlegt. Wenn Zeitzeugen davon berichten, dass sie abfliegende V1 Raketen mir ihrem typischen Fluggeräusch über Siegburger Gebiet gesichtet haben, so sind dies wahrscheinlich Geschosse, die von der Stellungsgruppe bei Kuchem und Rankenhohn nördlich von Eitorf in nordwestliche Richtung hin gegen den Antwerpener Hafen gestartet waren.


Interessanterweise heißt das Waldstück "Schiesshecke", was auf seine erst ein paar Jahrzehnte zurückliegende und hier beschriebene Bedeutung hindeuten mag. Als erstes trifft man auf unregelmäßig geformte Bodenplatte, die zur Endmontage diente. Etwa zwölf Meter entfernt beginnt eine ca. 22.60 m lange Bodenplatte, an deren Ende die Ausspaarungen für Verankerungen anzutreffem sind. Links davon eine Erdgrube zur Aufnahme von Wasser, versetzt nach hinten die Feuerleitstellung mit sichtbarem Zugang.


Vor der großen Bodenplatte sind paarweise sieben Fundamentreste bzw. Fundamentblöcke zu finden, die zur Fixierung der Pfeilerstützen dienten, auf die die schräggerichtete Abschußrampe auflag.








Der nebenstehende nicht-maßstäbliche und schematische Plan zeigt die Stützenfolge vor der großen Bodenplatte, deren entgegegesetztes Ende unten nach rechts abbiegt. Nicht alle eingezeichneten Blöcke sind auch noch vorhanden. Links der Platte sind der Wassergraben und die Feuerleitstelle zu sehen. Die Photos stammen aus dem August 2005.








Hier die gleiche Stelle als Radarbild und Norden am oberen Bldrand.
Im Relief sind deutlich sieben Fundamentpaare und die Erd- und Wasserbunker zu erkennen. Die Ausrichtung der Anlage ist beinahe perfekt Ost - West.


















Zeitgenössisches Bild einer aufgebauten V 1 Rampe in einem Deckung bietenden Waldgebiet.
v1 Rampe
Quelle des Bildes: Das Bundesarchiv


Die unregelmäßige Bodenplatte am unteren Ende des Planes zeigt das nachstehende Photo





Die Wassergrube links vom oberen Ende der Abschußplatte




Die Grube mit der Feuerleitzentrale. Zugang vorne links.




Das oberste Ende der Pfeilerfundamente in Form von Blöcken. Sie wurden wie die gesamte Anlage gesprengt.






Der Blick in Schußrichtung vom Ende der Abschußplatte hin zu den Pfeilerfundamenten ziemlich genau nach Westen. Das erste Fundament ist in der Flucht deutlich zu erkennen.

Neben den oben genannten und entlang der B56 errichteten Anlagen liegen die nächst gelegenen siegaufwärts und wurden zuletzt von Stefan Scheffels in "Waelder der Leuscheid" beschrieben."